Mehr als ein Jahrzehnt: Bewerbungen und Tillmann Consulting im Wandel der Zeit
Wie schwierig ist es, eine überzeugende Bewerbung zu schreiben? Aus dieser Frage entstand vor elf Jahren Tillmann Consulting. Zum Jubiläum (und weil die elf die Glückszahl unserer Gründerin ist), haben wir Caroline Tillmann gefragt, wie ihre Geschäftsidee gewachsen ist, welche Veränderungen es in den vergangenen Jahren auf dem Bewerbermarkt gab und wie die Reise künftig weitergehen könnte. Neugierig auf eine persönlich Erfolgsgeschichte mit vielen kompetenten Tipps?
Seit elf Jahren begleiten Sie sowohl Bewerber als auch Unternehmen in allen Etappen des Bewerbungsprozesses. Wie kam es dazu?
Was ich schon immer wollte, war Schreiben. Eine wichtige Heldin meiner Kindheit war eindeutig Karla Kolumna, die rasende Reporterin. So habe ich während der Schulzeit diverse Praktika bei der Zeitung und nach dem Abitur ein Online-Volontariat absolviert. Zunächst noch mit dem Ziel, Journalistin zu sein, habe ich anschließend Deutsch und Geschichte studiert, auf Lehramt. Lehren und Lernen hat mich begeistert, und doch war schnell klar, dass „Caro Kolumna“ für das System Schule nicht geschaffen war. Daher habe ich mich in einem Aufbaustudium auf Erwachsenen- und Weiterbildung konzentriert und bereits parallel in der Personalabteilung eines großen Unternehmens im Bereich Automotive und Industrial Automation gearbeitet.
Der Geburtsort von Tillmann Consulting?
Genau. Ich habe damals Stellenanzeigen und Arbeitszeugnisse geschrieben und natürlich wahnsinnig viele Bewerbungen gesichtet. Nach tausenden von – damals noch – Bewerbungsmappen war ich oft versucht, mit der Stirn auf dem Tisch aufzuschlagen. Ich hatte das Gefühl, dass viele Kandidaten einfach den gleichen Ratgeber abschrieben und es nicht schafften, ihre eigenen Stärken zu formulieren und ihre Persönlichkeit zu Papier zu bringen. Also schrieb ich kurz entschlossen einen Aushang: „Biete Hilfe bei der Bewerbung!“. Zwei Tage später hatte ich meine erste Kundschaft.
Der Bedarf war offensichtlich da. Wie ging es weiter?
Ursprünglich wollte ich nur beraten und Tipps geben. Aber ich habe schnell gemerkt, dass es besser ist, wenn ich die Bewerbung selbst schreibe. Die meisten Bewerber haben es geschafft – und das zieht sich bis heute durch – die Daten und Fakten zusammenzutragen und sich auf der Sachebene ordentlich zu präsentieren. Nur der persönliche Aspekt fehlte fast immer komplett.
Geht es in Bewerbungen nicht um Daten und Fakten?
Nicht nur! Bewerber bewerben sich schließlich bei Menschen, daher ist es wichtig, einen Bezug herzustellen, eine Verbindung zu schaffen und sich selbst auch als Mensch darzustellen. Das gilt auch heute noch, denn auch wenn große Unternehmen längst mit Recruiting-Software arbeiten, übernehmen früher oder später im Prozess „echte Menschen“ die Auswahl. Früher wurde das Anschreiben oft mit „hiermit bewerbe ich mich auf die Stelle…“ begonnen. Dieses Nüchterne, Sachbezogene bringt einfach kein Herzblut in Wallung. Beim Durchsehen vieler Bewerbungen nacheinander wurde mir bewusst, wie ähnlich die Unterlagen sich alle waren. Dann wird es richtig schwierig, die Kandidaten voneinander zu unterscheiden. Und dann passiert genau das, was eigentlich nicht passieren sollte.
Geeignete Bewerber gehen in der Masse unter?
Der Auswählende sucht überhaupt nicht mehr nach geeigneten Kandidaten, sondern sucht stattdessen nach Fehlern, um schneller aussortieren zu können. Das sollte nicht passieren, wenn es um Menschen geht. Genau das ist die Grundüberzeugung, die ich aus dieser Zeit mitgenommen und sozusagen in die DNA von Tillmann Consulting überführt habe: Im Bewerbungsprozess immer den Menschen zu sehen, die persönliche Individualität zu erkennen und authentisch darzustellen. Statt reine Fakten in eine Schablone zu quetschen und nur die Oberfläche etwas zu polieren, erarbeiten wir wirklich den Kern einer Person, gehen gemeinsam mit unseren Kunden in die Reflexion, suchen und finden den roten Faden durch die bisherige Karriere.
Dafür stehe ich und dafür steht mein Team: Wir machen Bewerber in ihrem Sinne erfolgreich und unterstützen bei ihren individuellen Zielen. Wie ein guter Co-Pilot: Immer mit Rat und Tat zur Seite, eine Karriere lang.
Caroline TillmannIn so einer Karriere kann ja einiges passieren, genauso wie im Bewerbungsprozess. An welche großen Veränderungen aus den letzten elf Jahren erinnern Sie sich?
Durch die Digitalisierung ist viel mehr Dynamik entstanden, jetzt kann man sich online recht schnell überall bewerben. Natürlich sind damit auch die Anforderungen an die Unternehmen, was die Reaktionsschnelligkeit angeht zum Beispiel, stark gestiegen. Gleichzeitig hat sich durch den spürbaren Fach- und Führungskräftemangel das Bewerberverhalten verändert. Plötzlich mussten die Unternehmen lernen, sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren, um eine Chance bei Arbeitnehmern zu haben. Auch dabei unterstützen wir unsere Firmenkunden. Genau hier liegt übrigens unser Alleinstellungsmerkmal: Wir kennen und arbeiten mit beiden Seiten und schöpfen daraus jeweils Synergieeffekte für die andere Partie.
Nach dem Rückblick folgt der Ausblick: Mit welchen Trends rechnen Sie in der Zukunft?
Die Digitalisierung wird den Bewerbungsprozess weiter verändern. Was bleibt, ist der persönliche Kontakt. Ich denke zum Beispiel, dass sich das Vorstellungsgespräch vielleicht inhaltlich ändern und natürlich öfter online stattfinden wird, grundsätzlich aber vom Stellenwert her wichtig bleibt, wenn nicht sogar noch wichtiger wird. Genauso der Fachkräftemangel: Der begleitet uns noch länger. Hier ist es seitens der Unternehmen wichtig, Hürden im Bewerbungsprozess abzubauen. Der Lebenslauf wird uns in irgendeiner Form erhalten bleiben. Beim Anschreiben bin ich gespannt, das lassen ja viele Unternehmen bereits weg. Wenn sich allerdings alle nur noch mit einem Klick über Xing oder LinkedIn bewerben, sind wieder alle Bewerber die gleichen Schäfchen. Da wird der Drang nach Individualität dann wieder stärker.
Für einige sind Individualität und Bewerbung vielleicht ein Widerspruch. Wie klappt es denn mit der individuellen Bewerbung?
Eine gute Bewerbung weckt Aufmerksamkeit und Interesse an der eigenen Person. Ich spreche hier gern vom Dreiklang aus Kompetenz, Persönlichkeit und Motivation. Aus den Unterlagen muss klar hervorgehen, wer sich denn eigentlich bewirbt und wofür diese Person steht. Für Fachkräfte ist die Konzentration auf die Sachebene, also die Fachkompetenz, wichtig. Führungskräfte sollten sich bereits verstärkt auf die Persönlichkeit und Motivation konzentrieren. Und im Top-Management oder C-Level liegt die Herausforderung darin, alle drei Bereiche mit hoher inhaltlicher Dichte sprachlich auf den Punkt zu bringen, mutig Highlights zu setzen und andere Punkte in den Hintergrund treten zu lassen. Individualisierung geht auf allen Karrierestufen weg von Standardlayouts und ausgelutschten Formulierungen, hin zu mehr Authentizität und Einzigartigkeit!
Gehen Ihnen nach elf Jahren nicht langsam die einzigartigen Ideen für Ihre Bewerbungen aus?
Ganz im Gegenteil! Wir wollen ja jeden Kunden wirklich kennenlernen und verstehen, woher kommt er, was hat ihn geprägt oder wie will er gesehen werden? Damit schaffen wir ein stimmiges Bild und entwickeln gemeinsam eine Strategie. Wir stellen immer die Person in den Mittelpunkt, und deswegen gibt es hier kaum wiederkehrende Muster, egal ob bei Privatkunden oder Unternehmen. Das ist fernab von jeder Routine und Langeweile. Und mit jedem neuen Kunden lernen wir etwas Neues, schauen über den Tellerrand und entwickeln uns weiter.
Stichwort Entwicklung: Was sind für Sie die Meilensteine der letzten elf Jahre?
Einer der wichtigsten Schritte war es, den Fokus stärker auf das mittlere Management und C-Level zu legen. Diese Unterscheidung zwischen den Karrierestufen haben wir immer wieder feinjustiert, auch um unsere Expertise auf diesem hohen hierarchischen Niveau hervorzuheben. Ein beständiges Highlight ist die vertrauensvolle Arbeit mit Kunden, die über Jahre hinweg immer wieder kommen. Am Ende des Tages basiert unser Geschäftsmodell ganz klar auf der Zufriedenheit unserer Kunden. Wir haben es geschafft, diese Kundenzufriedenheit bei 4,9 von 5 Sternen zu halten, und das macht mich stolz!
Genauso wie die Auszeichnung mit dem Preis für den „Besten Blog zum Thema Beruf & Karriere“ (2016), dem Unternehmenspreis (2017), diverse Zeitungsinterviews, die Einladung als Expertin ins Radio (Antenne Bayern, SWR-3-Studio, Radio 7) oder die Aufnahme in den Rotary-Club. Und natürlich war ein weiterer Höhepunkt der Schritt aus meiner One-Woman-Show hin zu einem Team mit „Kompetenzinseln“. Mitstreiter zu gewinnen und auch zu verlieren hat mich menschlich und unternehmerisch weitergebracht. Auch der große Schritt, von München in den Schwarzwald zu ziehen, hat einen Entwicklungsschub mit sich gebracht, vor allem in Sachen Digitalisierung. Natürlich gibt es auch Phasen, da geht „gefühlt“ langsamer voran. Ich habe gelernt, dass es beides braucht, Entwicklung und Stabilisierung, immer im Wechsel.
Welche Entwicklungen würden Sie sich denn künftig für Unternehmen und Arbeitnehmer rund um den Bewerbungsprozess und damit letztlich für Ihre Arbeit wünschen?
An vielen Stellen vor allem mehr Ehrlichkeit und Transparenz. So viele Bewerber bekommen Absagen und wissen nicht, wieso. Hier als Unternehmen einen Bewerber mit einem Tipp aus dem Prozess zu entlassen, dass wäre sehr wertvoll. Bewerben im Sinne einer Lernkultur, das wünsche ich mir. Grundlose Absagen führen zu Verunsicherung und schüren Ängste. Misserfolge werden von vielen gleich auf sich als Person bezogen, was ein Fehler ist. Hier wünsche ich mir mehr Wertschätzung! Unternehmen sollten verstehen und würdigen, dass Bewerber in der Regel viel Zeit und Energie investieren. Bewerber sollten den Mut haben, neue Wege zu gehen, bei der Selbstdarstellung wirklich zu sich selbst stehen und dadurch überzeugen.
Von Frau zu Frau: Chapeau vor elf Jahren erfolgreichem Unternehmerinnentum und Danke für das Gespräch!
Das Interview führte Cassandra Lajko. Herzlichen Dank!