Wie genau eine Mediation abläuft? Ein kleiner Einblick.
Welche Übungen in Konfliktsituationen helfen können, wie ein Mediator unterstützen kann und was auf die Teilnehmer einer Mediation zukommen könnte, all das haben wir zum internationalen Tag der Mediation am 18. Juni unseren Netzwerkpartner Bernd Tillmann-Gehrken gefragt, der seit mehr als zehn Jahren als Mediator aktiv ist.
Als Mediator und Supervisor unterstütze ich seit mehr als zehn Jahren bei der gemeinsamen Lösung von Konflikten. Im beruflichen wie im privaten Umfeld konnte ich als Richter am Verwaltungsgericht i. R. so gerichtliche Auseinandersetzungen häufig verhindern. Denn gemeinsam erarbeitete Lösungen sind aus meiner Sicht viel nachhaltiger als gerichtliche Entscheidungen.
Bernd Tillmann-Gehrken - Mediator, Supervisor & Richter am Verwaltungsgericht i.R.Was genau macht ein Mediator und welche Techniken nutzt er?
Ein Mediator versucht, mit den am Konflikt beteiligten Personen eine Lösung zur entwickeln. Als Gesprächsvermittler nutzt er verschiedene Techniken, zum Beispiel Phrasierungen und Spiegeltechniken. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Mediator die Wortbeiträge der Konfliktparteien nochmals mit anderen Worten wiederholt und umschreibt, also paraphrasiert. Häufig können so sehr emotionale Aussagen auf eine Sachebene „zurückgeholt“ werden. „Wichtig ist, dass die Personen sich wiedererkennen und sich verstanden fühlen“, erklärt Mediator Bernd Tillmann-Gehrken. So entsteht eine Vertrauensbasis, auf der die Beteiligten sich öffnen können. Denn bei der Mediation geht es darum, hinter den offensichtlichen Positionen einer Auseinandersetzung die eigentlichen Beweggründe herauszufinden.
Und welche Aufgaben kommen auf die Teilnehmer der Mediation zu?
Eine Übung zum Einstieg sei zum Beispiel, den vorliegenden Streit und die eigene Position ohne die Wörter „Du“ oder „Sie“ zu schildern, erzählt Bernd Tillmann-Gehrken. „Das ist sehr schwierig, dämpft aber sofort die Emotionen.“
Eine weitere Übung ist die sogenannte Gewaltfreie Kommunikation. Die ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig und kompliziert, doch die Mühe lohnt sich. Denn auch diese Methode sorgt für eine entspanntere Kommunikation und macht so Verständigung möglich, weil sie den Gesprächspartner nicht sofort in eine Abwehrhaltung drängt. Wie das funktionieren soll? Hier ein Beispiel:
Im Raum steht der Vorwurf: „In jedes Meeting kommst du zu spät!“
Gewaltfrei kommuniziert könnte dieser Satz so aussehen: „Ich stelle fest, dass wir mit unseren Meetings oft nicht pünktlich beginnen. Ich empfinde das als nicht effizient und finde das schade. Ich wünsche mir, dass wir unsere Zeit besser nutzen. Ich bitte darum, künftig pünktlicher zu sein.“
Der Mediator sucht also nach tieferliegenden Beweggründen. Was passiert, wenn ich über manche Themen lieber nicht sprechen möchte?
Mediation ist immer freiwillig. Die Teilnehmer können jederzeit eine Frage nicht beantworten oder eine Übung abbrechen. Bernd Tillmann-Gehrken weiß: „Es gibt einfach Grenzen, da bohre ich nicht nach, sondern gehe sensibel vor. Jeder gibt freiwillig von sich preis, was er für wichtig erachtet.“ Und er beruhigt: „Es gibt in der Mediation keine gefährlichen Abgründe, vor denen man Angst haben müsste. Mediation ist keine Psychotherapie.“
Wie bringe ich mein Gegenüber dazu, sich gemeinsam mit mir auf eine Mediation einzulassen?
Hier hat Bernd Tillmann-Gehrken einen Tipp: Oft kann es helfen, den Konfliktpartner zur ersten Sitzung einzuladen, ihm also zuzusichern, dass er keine Kosten zu tragen braucht. Ist die Person dann erstmal da und erkennt den Nutzen der Mediation, ist bereits viel gewonnen. In der Regel werden die Mediationskosten zwischen den Beteiligten geteilt. Tillmann-Gehrkens Erfahrung als Mediator und Richter nach sind ein paar Sitzungen mit Mediation deutlich günstiger als eine gerichtliche Auseinandersetzung, möglicherweise über mehrere Instanzen mit sehr kostspieligen Gutachten. Vielleicht könnte auch das ein Argument sein.
Gibt es auch einen Tipp, den ich selbst ausprobieren kann, bevor ich zum Mediator gehe?
Gibt es. Stellen Sie sich Ihr Gegenüber, mit dem Sie sich uneinig sind, einmal vor, und versetzen Sie sich in seine Rolle und Lage. Erkennen Sie plötzlich mögliche Gründe für sein Verhalten, das Ihnen zuvor völlig schleierhaft war? „Den Chef die Perspektive des Arbeitnehmers einnehmen zu lassen oder den Angestellten die Brille der Führungskraft aufsetzen zu lassen, regt ein Umdenken an und macht Raum für neue Sichtweisen“, erklärt Mediator Bernd Tillmann-Gehrken den Nutzen dieser kleinen Übung. Viel Erfolg beim Ausprobieren!